Apple unter Druck: EU-Regulierer attackieren Datenschutz-Feature
Deutsche und französische Wettbewerbshüter werfen Apple vor, die App Tracking Transparency zur Marktmachtausweitung zu missbrauchen. Das Unternehmen sieht sich mit Strafen und Kartellverfahren konfrontiert.
Apples Datenschutz-Versprechen gerät ins Wanken. Deutsche und französische Wettbewerbshüter werfen dem iPhone-Konzern vor, seine App Tracking Transparency-Funktion zur Marktmachtausweitung zu missbrauchen. Der Konflikt zeigt: Selbst edle Datenschutz-Motive schützen nicht vor Kartellverfahren.
Was als Schutzschild für Nutzer gedacht war, wird nun zum Bumerang für den Tech-Riesen. Die EU-Regulierer sehen in Apples Datenschutz-Framework einen getarnten Wettbewerbsverstoß – mit weitreichenden Folgen für das iOS-Ökosystem.
Deutsche Kartellwächter schlagen zu
Das Bundeskartellamt führt die Offensive an. Nach monatelangen Ermittlungen erhielt Apple bereits eine vorläufige Rechtseinschätzung: Die App Tracking Transparency (ATT) verstoße gegen deutsches Kartellrecht.
Der Vorwurf wiegt schwer: Apple wende bei Drittanbieter-Apps schärfere Tracking-Regeln an als bei eigenen Diensten. Während Nutzer bei fremden Apps deutlich zum Tracking-Verzicht aufgefordert werden, bleiben Apples eigene Datensammlungen weniger sichtbar.
Diese Selbstbevorzugung könne Konkurrenten benachteiligen, die auf Werbeerlöse angewiesen sind. Das Bundeskartellamt sieht sich bestärkt durch den Bundesgerichtshof, der Apple im März 2025 als Unternehmen mit “überragender marktübergreifender Bedeutung für den Wettbewerb” einstufte.
Frankreich verhängt Millionen-Strafe
Noch härter traf es Apple in Frankreich. Die Autorité de la Concurrence verhängte am 31. März eine Rekordstrafe von 150 Millionen Euro wegen Marktmachtmissbrauchs durch die ATT-Funktion.
Das französische Urteil ist vernichtend: Die Art der ATT-Einführung sei “weder notwendig noch verhältnismäßig” gewesen. Besonders kritisiert wird der doppelte Zustimmungsprozess – Nutzer müssen oft zweimal ihr Einverständnis zum Tracking geben.
Diese Komplexität benachteilige kleinere Publisher und App-Entwickler, die auf Werbeerlöse angewiesen sind. Konkrete Änderungen forderte Frankreich jedoch nicht – Apple soll selbst entscheiden, wie es die Auflagen erfüllt.
Digital Markets Act verschärft den Druck
Der Konflikt eskaliert vor dem Hintergrund des Digital Markets Act (DMA), mit dem die EU Tech-Giganten zähmen will. Apple kämpft bereits gegen seine “Gatekeeper”-Einstufung vor dem EU-Gericht in Luxemburg.
Das Unternehmen argumentiert: Die DMA-Vorgaben zur Interoperabilität könnten Datenschutz und Sicherheit des iOS-Ökosystems gefährden. Doch die EU-Regulierer lassen sich nicht beeindrucken.
Bereits im November 2020 – noch vor dem ATT-Launch – reichte die Datenschutzorganisation noyb Beschwerden in Deutschland und Spanien ein. Der Vorwurf: Apple vergebe ohne Nutzereinverständnis eindeutige Tracking-Kennungen (IDFA) an jedes iPhone.
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Das Dilemma: Datenschutz gegen Wettbewerb
Apple steht im klassischen Spannungsfeld zwischen Nutzerschutz und fairem Wettbewerb. Der Konzern betont, sich höheren Datenschutz-Standards zu unterwerfen als Drittanbieter.
Kritiker kontern: Apple nutze Datenschutz als Vorwand für einen “Walled Garden“, in dem ausschließlich Apple die Regeln bestimme. Durch die Datenbeschränkung für Drittanbieter würden Werbetreibende zu Apples eigenen Werbeprodukten gedrängt – die nicht den gleichen ATT-Beschränkungen unterliegen.
Ungewisse Zukunft für das iPhone-Ökosystem
Apple navigiert nun durch ein regulatorisches Minenfeld. Deutsche Kartellverfahren, französische Millionen-Strafen und die DMA-Auflagen fordern ihren Tribut.
Müssen die Datenschutz-Funktionen tatsächlich aufgeweicht werden, könnte sich das mobile Werbe-Ökosystem grundlegend ändern. App-Entwickler und Werbetechnologie-Firmen erhielten wieder Zugang zu wertvollen Nutzerdaten – auf Kosten der einfachen Datenschutz-Optionen, die iPhone-Nutzer schätzen gelernt haben.
Für Apple wird es zur Gratwanderung: Datenschutz-Prinzipien verteidigen und gleichzeitig den europäischen Wettbewerbsregeln gerecht werden. Die kommenden Monate entscheiden über die Zukunft einer der weltweit populärsten mobilen Plattformen.