Deutschland führt digitale Identität für alle Bürger ein
Deutschland startet die flächendeckende Einführung einer sicheren Digital-Identität für Smartphones bis 2027. Vier Finalisten entwickeln datenschutzorientierte Wallets nach EU-Vorgaben für Behördengänge und Online-Services.
Die Bundesrepublik vollzieht den entscheidenden Sprung von der Prototyp-Entwicklung zur praktischen Umsetzung: Bis 2027 erhalten alle Bürger eine sichere Digital-Identität fürs Smartphone. Nach dem Abschluss eines bundesweiten Wettbewerbs für digitale Identitäts-Wallets beschleunigt Deutschland die Einführung der European Digital Identity (EUDI) Wallet – einem System, das Banking, Behördengänge und Online-Services revolutionieren soll.
Die kürzlich in Berlin beendete nationale EUDI-Wallet-Competition markiert dabei einen Wendepunkt. Das von der Bundesagentur für Sprunginnovationen (SPRIND) durchgeführte Programm präsentierte fortschrittliche Prototypen nach dem EU-weiten eIDAS 2.0-Framework. Der Clou: Bürger können künftig ihre Identität sicher vom Smartphone aus nachweisen – ob beim Online-Banking, Jobantrag oder Behördenverkehr.
Vier Finalisten ebnen den Weg
Ende Oktober 2025 ging ein entscheidender Wettbewerb zu Ende. Vier Finalist-Teams – wwWallet, HEIDI, Animo Easy-PID und Lissi ID-Wallet – überzeugten durch innovative Lösungen bei Interoperabilität, Benutzerfreundlichkeit und Datenschutz.
Das bedeutet konkret: Die Prototyp-Phase ist Geschichte. Jetzt startet der Aufbau eines umfassenden Digital-Ökosystems, das staatliche und Open-Source-Anbieter gleichermaßen einbezieht.
Die Bundesregierung plant eine kostenlose Staats-Wallet für alle Bürger. Parallel dürfen auch private Anbieter eigene EUDI-Wallets entwickeln und in Deutschland anbieten – ein Ansatz, der Innovation fördern soll.
Datenschutz als oberste Priorität
Bundesinnenministerin Nancy Faeser hatte bereits früh klargestellt: Nutzer-Privatsphäre steht an erster Stelle. Diese Zusage wird nun durch konkrete technische Entscheidungen untermauert.
Bürgerrechtsorganisationen hatten Bedenken wegen möglicher Überwachung geäußert. Ihr Hauptkritikpunkt: sogenannte “Phone Home”- oder “Server-Retrieval”-Modelle, bei denen Behörden-Server bei jeder Identitätsprüfung kontaktiert werden.
Die deutsche Lösung: Ein “Device-Retrieval”-Modell. Dabei kommuniziert die App direkt mit der prüfenden Stelle – ausschließlich mit ausdrücklicher Nutzer-Zustimmung für jede einzelne Transaktion. Die ausstellende Behörde bleibt außen vor, Privatsphäre ist gewährleistet.
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Bürger verlieren Vertrauen in digitale Verwaltung
Trotz der Fortschritte bei der digitalen Identität kämpft Deutschland mit grundsätzlichen Digitalisierungsproblemen. Das Onlinezugangsgesetz (OZG) sollte Hunderte Verwaltungsservices online verfügbar machen – doch die Bilanz ist ernüchternd.
Ende 2023 waren lediglich 81 von 581 OZG-Services vollständig online nutzbar. Diese Verzögerungen hinterlassen Spuren: Der eGovernment MONITOR 2025 zeigt einen kontinuierlichen Vertrauensverlust der Bürger.
Die Zahlen sprechen für sich: Über die Hälfte der Befragten zweifelt wegen fehlender Digitalangebote an der Modernität und Effizienz der Regierung. Nur etwa 15 Prozent sehen ihre Erwartungen an eine moderne Digitalverwaltung erfüllt.
Europa zieht gemeinsam an
Deutschlands Digital-Initiative ist Teil einer EU-weiten Strategie. Die überarbeitete eIDAS-Verordnung von 2024 verpflichtet alle Mitgliedstaaten, bis 2027 eine interoperable EUDI-Wallet anzubieten.
Das Ziel: Ein standardisiertes, grenzüberschreitendes System. EU-Bürger können ihre nationale Digital-Wallet künftig in jedem anderen Mitgliedstaat nutzen.
Für Unternehmen entstehen neue Verpflichtungen. Firmen in regulierten Branchen wie Banking, Transport, Energie und Telekommunikation müssen die EUDI bis Ende 2027 für Online-Identifikation akzeptieren.
Stufenweise Einführung bis 2027
Der Rollout erfolgt schrittweise: Zunächst stehen Grundfunktionen der Identifikation im Fokus, fortgeschrittene Features wie qualifizierte elektronische Signaturen folgen später.
Die Integration läuft bereits: Das neue System wird mit bestehenden Diensten wie der BundID verknüpft, die als Benutzerkonto für Online-Behördenservices dient. Die erfolgreiche Migration der BundID-Postfächer zur neuen Zentralen Bürgerpostfach-Infrastruktur (ZBP) im März 2024 war ein wichtiger Grundstein.
Doch der Erfolg hängt davon ab, ob die Regierung das OZG-Umsetzungsdefizit aufholen und durch nutzerfreundliche End-to-End-Services das Bürgervertrauen zurückgewinnen kann. Die größte Herausforderung steht noch bevor.


