Deutschland startet Digitalisierungs-Offensive: OZG 2.0 soll Behörden-Chaos beenden
Das neue Digitalministerium testet die europäische Digitalidentität und setzt mit dem OZG 2.0 einen Rechtsanspruch auf digitale Behördendienste um. Ziel ist die Überwindung föderaler Hürden und die Modernisierung der Verwaltung.
Das neue Bundesministerium für Digitales und Staatsmodernisierung will endlich Tempo in die stockende Verwaltungsdigitalisierung bringen. Mit dem Online-Zugangs-Gesetz 2.0 und ersten Tests der europäischen Digitalidentität soll Deutschland seinen Rückstand aufholen.
Die jüngsten Maßnahmen zeigen: Die Bundesregierung nimmt die digitale Transformation ernst. Seit dieser Woche testet das Ministerium die Europäische Digitale Identitätsbrieftasche (EUDI-Wallet) zusammen mit dem nationalen BundID-Konto. Ziel ist ein nahtloser, sicherer Zugang zu Verwaltungsdienstleistungen bundesweit.
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Parallel dazu verabschiedete das Bundeskabinett am 29. Oktober das Datengesetz-Durchführungsgesetz. Es soll einen innovationsfreundlichen Rechtsrahmen für die Datennutzung schaffen. Diese ersten konkreten Schritte des neuen Ministeriums sollen ein digitales Defizit beheben, das längst zur nationalen Sorge geworden ist.
Bürger verlieren die Geduld
Die Dringlichkeit dieser Reform zeigt sich in alarmierenden Umfrageergebnissen. Ende September 2024 gaben 86,2 Prozent der Deutschen an, die Bundesregierung tue nicht genug für die digitale Transformation. Ein Jahr zuvor waren es noch 78,2 Prozent.
Die digitale Verwaltung sehen 56,4 Prozent der Befragten als größtes Verbesserungsfeld. Diese Zahlen spiegeln jahrelange Probleme wider: ein komplexes Föderalsystem und eine tief verwurzelte papierbasierte Bürokratiekultur. Deutschland hinkt seinen europäischen Nachbarn bei E-Government-Services deutlich hinterher.
OZG 2.0: Rechtsanspruch auf digitale Services
Das Herzstück der Regierungsstrategie ist das Online-Zugangs-Gesetz 2.0, das im Sommer 2025 in Kraft trat. Das überarbeitete Gesetz schafft erstmals einen Rechtsanspruch für Bürger und Unternehmen auf elektronischen Zugang zu Bundesverwaltungsdienstleistungen. Binnen vier Jahren muss dieser Anspruch vollständig durchsetzbar sein.
Dafür will der Bund zentrale “Basisdienste” bereitstellen – wie das BundID-Nutzerkonto und ein digitales Postfach. Schluss mit dem Flickenteppich verschiedener Landeslösungen, der den Fortschritt bisher behinderte. Das Gesetz verankert Nutzerfreundlichkeit und Barrierefreiheit als Kernprinzipien aller künftigen digitalen Services.
“Once-Only”: Einmal eingeben reicht
Ein Eckpfeiler des neuen nutzerorientierten Ansatzes ist das “Once-Only”-Prinzip. Bürger und Unternehmen sollen ihre Daten nur einmal bei der Verwaltung eingeben müssen. Die Behörden sind dann verpflichtet, diese Daten intern – mit Einverständnis der Nutzer – sicher zu teilen.
Keine wiederholten Nachweise von Geburtsurkunden oder Gewerbeanmeldungen mehr. Die erfolgreiche Umsetzung hängt an einem Mammutprojekt: Bis 2028 müssen 51 wichtige Verwaltungsregister digitalisiert und vernetzt werden. Experten bezeichnen dies als Rückgrat der gesamten Reform.
Strukturwandel gegen föderale Zersplitterung
Während die neuen Rechtsrahmen bedeutsam sind, warnen Experten: Technik und Gesetze allein reichen nicht. Deutschland braucht einen kulturellen Wandel in seiner riesigen öffentlichen Verwaltung.
Jahrzehntelang schuf die föderale Struktur eine zersplitterte IT-Landschaft. 16 Bundesländer entwickelten oft eigene, inkompatible Systeme. Das OZG 2.0 und zentrale Basisdienste sollen diese strukturelle Hürde durch Standardisierung überwinden.
Die Gründung des neuen Bundesministeriums unter Minister Karsten Wildberger im Mai gilt als entscheidender Schritt. Erstmals wird die zuvor auf sechs Behörden verteilte Digitalpolitik zentral koordiniert.
Vier Jahre Zeit für den Durchbruch
Die Bundesregierung setzt sich ehrgeizige Ziele. Der Rechtsanspruch auf digitale Services binnen vier Jahren schafft enormen Handlungsdruck für Bund, Länder und Kommunen.
Die ersten Tests der EUDI-Wallet mit dem BundID sind ein vielversprechender Start für ein interoperables, sicheres digitales Identitätssystem. In den kommenden Monaten können Bürger und Unternehmen durchgängig digitale Services für wichtige Lebensereignisse erwarten – von der Wohnsitzanmeldung bis zum Führerscheinantrag.
Der Weg zur wirklich nutzerorientierten digitalen Verwaltung ist ein Marathon. Mit dem OZG 2.0, einem eigenen Ministerium und klarem öffentlichem Auftrag scheint Deutschland endlich Fahrt aufzunehmen. Die nächsten Jahre entscheiden, ob das Land seinen Ruf als “digitaler Nachzügler” ablegen kann.


