ICC wechselt zu deutscher Open-Source-Software openDesk
Der Internationale Strafgerichtshof ersetzt Microsoft-Lösungen durch die deutsche Open-Source-Suite openDesk, um digitale Souveränität zu stärken und Abhängigkeiten zu reduzieren.
Der Internationale Strafgerichtshof verabschiedet sich von Microsoft. Rund 1.800 Arbeitsplätze in Den Haag sollen künftig mit openDesk ausgestattet werden – einer vollständig in Deutschland entwickelten Open-Source-Lösung. Die Entscheidung, die Ende Oktober 2025 bekannt wurde, ist mehr als ein simpler Software-Wechsel: Sie markiert einen bewussten Schritt weg von amerikanischer Tech-Dominanz.
Dahinter steht ein wachsendes Unbehagen in Europa. Was passiert, wenn ausländische Regierungen Druck auf Tech-Konzerne ausüben? Der ICC hat diese Frage nicht theoretisch beantwortet – sondern praktisch erlebt.
Wenn der E-Mail-Zugang plötzlich gesperrt wird
Anfang 2025 geriet Chefankläger Karim Khan ins Visier US-amerikanischer Sanktionen. Die Folge: Sein bei Microsoft gehostetes E-Mail-Konto soll zeitweise blockiert worden sein – eine Behauptung, die Microsoft zwar bestreitet, die aber dennoch Alarmglocken schrillen ließ. Wie verletzlich sind internationale Institutionen, wenn ihre digitale Infrastruktur in fremden Händen liegt?
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„Wir müssen Abhängigkeiten reduzieren und die technologische Autonomie des Gerichtshofs stärken – auch wenn das kurzfristig teuer, ineffizient und unbequem ist”, erklärte ICC-IT-Manager Osvaldo Zavala Giler laut dem Handelsblatt. Die Sorge vor einem digitalen „Kill Switch” – dem abrupten Abschalten essentieller Dienste auf Geheiß einer ausländischen Regierung – wiegt schwerer als die Bequemlichkeit etablierter Lösungen.
Was steckt hinter openDesk?
openDesk ist keine einzelne Anwendung, sondern ein modulares Ökosystem aus bewährten Open-Source-Werkzeugen. Entwickelt wird die Suite vom Zentrum für Digitale Souveränität (ZenDiS), einer hundertprozentigen Tochter des deutschen Bundesinnenministeriums. Gegründet im Dezember 2022, verfolgt ZenDiS ein klares Ziel: öffentliche Verwaltungen von der Abhängigkeit einzelner Technologieanbieter zu befreien.
Die technische Ausstattung kann sich sehen lassen:
Nextcloud übernimmt die sichere Dateiverwaltung und Synchronisation. Collabora Online, basierend auf LibreOffice, ermöglicht die Echtzeit-Bearbeitung von Dokumenten direkt im Browser. Für Kommunikation sorgt Element, das auf dem dezentralen Matrix-Protokoll aufbaut und verschlüsselte Chats sowie Video-Konferenzen bietet. OX App Suite kümmert sich um E-Mails und Kalender, während Tools wie XWiki, OpenProject und CryptPad Wissensdatenbanken und Projektmanagement abdecken.
Der modulare Ansatz bietet Transparenz, Sicherheit und vor allem: keine Abhängigkeit von einzelnen Anbietern. Öffentliche Institutionen behalten die volle Kontrolle über ihre Daten und Software.
Die Bundeswehr macht es vor
Der ICC ist keineswegs allein mit seiner Entscheidung. Im April 2025 unterzeichnete die Bundeswehr einen Siebenjahresvertrag mit ZenDiS über die Einführung von openDesk. Auch das österreichische Militär hat Microsoft Office durch LibreOffice ersetzt. Die Bewegung hin zu digitaler Souveränität erfasst immer mehr europäische Behörden und Streitkräfte.
Diese Entwicklung wird durch neue Infrastrukturprojekte flankiert: Ende Oktober 2025 wurde das European Digital Infrastructure Consortium (EDIC) offiziell gegründet, um souveräne digitale Infrastrukturen aufzubauen. Erst am 4. November 2025 startete ein neues Projekt zur „Industrial AI Cloud”, unterstützt von der Bundesregierung sowie Unternehmen wie SAP und Siemens. Ziel ist ein widerstandsfähiges europäisches Digitalökosystem, das nicht der Rechtsprechung anderer Nationen – etwa dem US-amerikanischen CLOUD Act – unterliegt.
Ein Markt im Aufbruch
Die Entscheidung des ICC ist symbolisch stark, auch wenn die Zahl der betroffenen Arbeitsplätze mit 1.800 überschaubar bleibt. Doch sie sendet ein klares Signal: Große öffentliche Institutionen sind bereit, digitale Souveränität über kurzfristige Kosten und Umstellungsaufwand zu stellen.
Für ZenDiS und das Ökosystem beteiligter Open-Source-Unternehmen bedeutet dies eine wichtige Bestätigung – und möglicherweise einen Wendepunkt. Können europäische Alternativen tatsächlich mit den Tech-Giganten aus den USA mithalten? Die Nachfrage nach transparenten, interoperablen und souveränen Lösungen jedenfalls dürfte weiter steigen.
Der Wechsel zu openDesk ist mehr als ein technischer Austausch: Er zeigt eine grundlegende Neuausrichtung, wie öffentliche Infrastruktur in einer zunehmend polarisierten Welt gebaut werden sollte. Europäische Institutionen wollen im digitalen Zeitalter handlungsfähig und autonom bleiben – auch wenn das bedeutet, unbequeme Wege zu gehen.
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