Indien führt zentrale Handynummer-Verifikation gegen Cyberkriminalität ein
Indien führt zentrale Handynummern-Validierung und IMEI-Prüfung ein, um den drastischen Anstieg von Online-Finanzbetrug um über 200 Prozent zu bekämpfen.
Die neue Plattform soll Betrug mit falschen Identitäten stoppen. Verluste durch Online-Betrug stiegen auf über 24 Milliarden Euro – ein neuer Negativrekord.
Indien greift zu drastischen Mitteln im Kampf gegen die explodierende Cyberkriminalität. Das Telekommunikationsministerium hat diese Woche die Telecommunications Cybersecurity Amendment Rules 2025 in Kraft gesetzt – ein umfassendes Regelwerk, das eine zentrale Mobile Number Validation (MNV)-Plattform zur Handynummer-Verifikation einführt.
Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Die Verluste durch Online-Finanzbetrüge schnellten von 7,9 Milliarden Euro 2023 auf erschreckende 24,2 Milliarden Euro 2024 hoch. Ein Anstieg um über 200 Prozent, der die Regierung zum Handeln zwang.
Digitaler Türsteher: So funktioniert die neue Verifikation
Herzstück der Anti-Betrugs-Offensive ist eine zentrale Validierungsplattform, die wie ein digitaler Türsteher funktioniert. Banken, Fintech-Unternehmen und Online-Dienste können künftig in Echtzeit prüfen, ob eine angegebene Handynummer tatsächlich dem rechtmäßigen Besitzer gehört.
Die großen Mobilfunkanbieter – Airtel, Jio und Vi – müssen ihre Kundendatenbanken zwingend mit der Plattform verknüpfen. Dabei werden die hinterlegten Know-Your-Customer-Daten abgeglichen. Freiwillig können sich auch Banken, Versicherungen und Payment-Apps anschließen, die bei Kontoeröffnungen oder Transaktionen zusätzliche Sicherheit wollen.
Was bisher ein Kinderspiel für Betrüger war – mit gestohlenen oder gefälschten Nummern Konten zu eröffnen und Einmal-Passwörter abzufangen – wird damit deutlich schwieriger. Die Plattform soll in den kommenden Monaten starten.
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Auch gestohlene Handys im Visier
Doch Indien beschränkt sich nicht nur auf Telefonnummern. Die neuen Regeln nehmen auch die Hardware ins Visier: Beim Kauf oder Verkauf gebrauchter Smartphones muss künftig die IMEI-Nummer gegen eine Regierungsdatenbank geprüft werden.
Steht das Gerät auf der Schwarzen Liste – weil es gestohlen, manipuliert oder für Betrug verwendet wurde – ist der Handel verboten. Ein cleverer Schachzug, denn viele Betrüger nutzen gestohlene Telefone, um ihre Spuren zu verwischen.
Smartphone-Hersteller können zudem verpflichtet werden, keine bereits in Indien verwendeten IMEI-Nummern für neue Geräte zu vergeben. Ein doppelter Schutz gegen die technische Infrastruktur des Betrugs.
Mehr Macht für Behörden – mehr Sorgen für Datenschützer
Die Befugnisse der Behörden wachsen erheblich: Bei Betrugsverdacht können sie künftig alle digitalen Konten eines Nutzers gleichzeitig sperren. Telecom-Anbieter müssen Cybersecurity-Vorfälle binnen sechs Stunden melden und einen Chief Telecommunication Security Officer ernennen.
Doch die neuen Regeln stoßen auch auf Kritik. Datenschutzaktivisten warnen vor zu weitreichenden Befugnissen und befürchten Missbrauch persönlicher Daten. Die breite Definition der betroffenen Unternehmen könnte auch Tech-Firmen unter die Telekom-Regulierung bringen – ein ungewöhnlicher Schritt.
Notbremse bei 740.000 Cybercrime-Fällen
Die drastischen Maßnahmen kommen nicht von ungefähr: Allein in den ersten vier Monaten 2024 registrierte Indien über 740.000 Cybercrime-Fälle – 85 Prozent davon betrafen Online-Finanzbetrug. Besonders perfide: Investmentbetrügereien über Messaging-Apps mit falschen Identitäten.
Die neuen Regeln sind Teil einer größeren Reform unter dem Telecommunications Act 2023. Für Verbraucher und Banken versprechen sie mehr Sicherheit, für digitale Plattformen bringen sie neue Compliance-Herausforderungen.
Ob die Maßnahmen den gewünschten Erfolg bringen, wird sich in den kommenden Monaten zeigen. Eines ist sicher: Indien setzt im Kampf gegen Cyberkriminalität auf einen der weltweit umfassendsten Ansätze – auch wenn dabei die Balance zwischen Sicherheit und Datenschutz neu ausgelotet werden muss.


