Rückenleiden: 4,8 Millionen Fehltage alarmieren Experten
Muskel-Skelett-Erkrankungen sind für fast 20 Prozent aller Krankschreibungen verantwortlich. Experten empfehlen präventive Maßnahmen und einfache Übungen gegen den Bewegungsmangel im Arbeitsalltag.
Eine Welle von Rücken- und Bürobeschwerden führt in Deutschland zu alarmierend hohen Krankheitsständen. Aktuelle Gesundheitsreporte für das Jahr 2025 von führenden Krankenkassen wie AOK, Techniker Krankenkasse (TK) und DAK zeichnen ein düsteres Bild: Muskel-Skelett-Erkrankungen sind nach wie vor eine der Hauptursachen für Arbeitsausfälle.
Angesichts von Millionen Fehltagen rücken präventive Maßnahmen und einfache, direkt am Schreibtisch durchführbare Übungen verstärkt in den Fokus von Gesundheitsexperten. Diese Entwicklung unterstreicht die dringende Notwendigkeit für Arbeitnehmer und Arbeitgeber, dem Bewegungsmangel im Büroalltag aktiv entgegenzuwirken.
Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache
Neue Daten belegen das Ausmaß der Problematik. Laut dem AOK Fehlzeiten-Report 2025 waren Muskel- und Skelett-Erkrankungen im Jahr 2024 für 19,8 Prozent aller krankheitsbedingten Fehltage verantwortlich. Damit gehören sie zu den dominierenden Krankheitsgruppen, die zu längeren Ausfallzeiten führen.
Die Techniker Krankenkasse meldet noch besorgniserregendere Zahlen: Vorab-Daten aus dem TK-Gesundheitsreport 2025 zeigen, dass allein die Diagnose “Rückenschmerzen” bei den versicherten Erwerbstätigen im Jahr 2024 zu rund 4,8 Millionen Fehltagen führte. Durchschnittlich war jeder Beschäftigte allein aufgrund von Rückenleiden statistisch 1,3 Tage krankgeschrieben.
Der DAK-Gesundheitsreport 2025 bestätigt diesen Trend: Muskel-Skelett-Erkrankungen, insbesondere Rückenschmerzen, zählen zu den häufigsten Einzeldiagnosen für Krankschreibungen. Diese Statistiken verdeutlichen die enorme Belastung für das Gesundheitssystem und die Wirtschaft.
Schnelle Hilfe: Übungen für den Arbeitsplatz
Experten sind sich einig: Die Hauptursache für die Beschwerden liegt im Bewegungsmangel und stundenlangen, starren Sitzen. Bereits wenige Minuten pro Tag können einen großen Unterschied machen. Die folgenden Übungen lassen sich unauffällig und ohne Hilfsmittel direkt am Arbeitsplatz durchführen:
Schulterkreisen: Aufrecht sitzen, Arme locker hängen lassen. Schultern langsam zu den Ohren hochziehen und kontrolliert nach hinten und unten kreisen. Zehnmal wiederholen, um Nacken und Schultern zu lockern.
Der “Katzenbuckel” im Sitzen: Auf die vordere Stuhlkante rutschen, Hände auf die Knie stützen. Beim Ausatmen den Rücken runden und das Kinn zur Brust ziehen. Beim Einatmen aufrichten, Brust nach vorn schieben und ein leichtes Hohlkreuz machen. Mehrmals langsam wechseln.
Nackendehnung: Kopf in aufrechter Position langsam zur rechten Seite neigen, als ob das Ohr auf der Schulter abgelegt werden soll. Die linke Hand kann sanft nach unten Richtung Boden geschoben werden. Position 20-30 Sekunden halten, dann die Seite wechseln.
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Rumpfmuskulatur stärken: Investition in die Zukunft
Neben der Mobilisierung ist die Kräftigung der Rumpfmuskulatur entscheidend, um den Rücken nachhaltig zu stabilisieren. Auch hierfür gibt es effektive Übungen:
Die “stolze” Brust: Aufrecht hinstellen oder gerade hinsetzen. Handflächen vor der Brust fest aneinanderpressen. Spannung in Brust- und Armmuskulatur etwa 15 Sekunden halten. Drei- bis viermal wiederholen.
Wand-Liegestütze: Mit dem Gesicht zur freien Wand stellen, eine Armlänge entfernt. Hände auf Schulterhöhe an die Wand platzieren. Arme beugen und Oberkörper kontrolliert zur Wand lehnen, dabei den Rumpf anspannen. In die Ausgangsposition zurückdrücken. 10 bis 15 Wiederholungen stärken die gesamte Oberkörpermuskulatur.
Rückenstrecker im Stehen: Aufrecht hinstellen, Hände seitlich in den unteren Rücken stützen. Bauch- und Gesäßmuskulatur anspannen, Oberkörper sanft zurücklehnen. Eine leichte Dehnung in der vorderen Körperhälfte sollte spürbar werden. Einige tiefe Atemzüge halten.
Mehr als nur Gymnastik: Die Arbeitswelt muss sich ändern
Die aktuellen Zahlen der Krankenkassen sind ein Weckruf für die Arbeitswelt. Der wirtschaftliche Schaden durch Produktionsausfälle ist immens. Arbeitsmediziner und die Aktion Gesunder Rücken (AGR) e.V. betonen: Neben individuellen Übungen müssen auch die Rahmenbedingungen stimmen.
Dazu gehört vor allem ein ergonomisch gestalteter Arbeitsplatz. Höhenverstellbare Schreibtische, die einen Wechsel zwischen Sitzen und Stehen ermöglichen, sowie dynamische Bürostühle, die Mikrobewegungen fördern, sind zentrale Bausteine.
Experten empfehlen eine einfache Regel: 60 Prozent der Zeit dynamisch sitzen, 30 Prozent im Stehen arbeiten und 10 Prozent gezielt umhergehen. Diese Maßnahmen können das Risiko für Muskel-Skelett-Erkrankungen signifikant senken.
Eine neue Bewegungskultur für die Zukunft
Die Zukunft der Büroarbeit muss bewegter werden. Angesichts des anhaltend hohen Krankenstands und der Zunahme von Homeoffice-Tätigkeiten, die den Bewegungsmangel teils noch verstärken, sind neue Konzepte gefragt.
Unternehmen sind gefordert, durch betriebliches Gesundheitsmanagement eine Kultur zu fördern, die Bewegungspausen aktiv unterstützt. Software-Reminder, gemeinsame Bewegungspausen oder ergonomische Hilfsmittel können dabei helfen.
Langfristig wird sich die Spirale aus Bewegungsmangel und Rückenschmerzen nur durch ein Zusammenspiel aus Eigenverantwortung der Mitarbeiter und gesundheitsfördernden Arbeitsumgebungen durchbrechen lassen. Die Investition in die Rückengesundheit ist eine Investition in die Leistungsfähigkeit der gesamten Belegschaft.


