Süddeutsche Zeitung erobert WhatsApp mit lokalen News-Kanälen
KI sammelt, Menschen prüfen
Die renommierte deutsche Tageszeitung startet neue WhatsApp-Kanäle für hyperlokal News – und erreicht binnen drei Tagen über 4.000 Abonnenten. Ein cleverer Schachzug gegen die Launen der Social-Media-Algorithmen?
Die Süddeutsche Zeitung setzt auf direkten Draht zu ihren Lesern: Mit neuen lokalen News-Kanälen auf WhatsApp will das Münchner Medienhaus dem unberechenbaren Algorithmus-Chaos der sozialen Netzwerke entgehen. Das Konzept scheint aufzugehen – bereits in den ersten 72 Stunden meldeten sich über 4.000 Nutzer an.
Die Kanäle liefern hyperlokal Informationen direkt aufs Smartphone: Veranstaltungstipps, Updates zu Verkehrsprojekten und andere regional relevante Nachrichten. Bei rund 60 Millionen WhatsApp-Nutzern in Deutschland erschließt sich hier ein gewaltiges, bisher kaum genutztes Verbreitungsnetz für Verlage.
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Hinter der WhatsApp-Strategie der SZ steckt ein durchdachter Mix aus automatisierter Effizienz und journalistischer Kontrolle. Zunächst sammelt eine KI Informationen von ausgewählten öffentlichen Websites und kompiliert daraus Beiträge. Entscheidend jedoch: Alle Inhalte werden von SZ-Redakteuren geprüft und freigegeben, bevor sie an die Abonnenten gehen.
“Unser Ziel ist es, die Befüllung mit Inhalten durch unsere KI-Infrastruktur so einfach wie möglich zu gestalten, damit sich die Redaktion voll auf den Kern des Angebots konzentrieren kann: wichtige Geschichten zu recherchieren”, erklärt René Bosch, Gründer der Partnerfirma Beat Squares.
Flucht vor den Social-Media-Algorithmen
Der Vorstoß der SZ ist Teil einer größeren Branchenbewegung weg von traditionellen sozialen Medien. Ein Bericht der International News Media Association (INMA) vom Juli 2025 zeigt: Nachrichtenorganisationen setzen verstärkt auf Plattformen wie WhatsApp, um direkte Beziehungen zu ihrem Publikum aufzubauen.
Der Grund? Facebook und X (ehemals Twitter) verweisen seit 2023 deutlich weniger Traffic an Nachrichtenseiten. WhatsApp-Kanäle hingegen ermöglichen eine direkte Kommunikation ohne algorithmus-bedingte Reichweitenbegrenzung.
Regulierung als Chance?
WhatsApp-Kanäle haben in der EU bereits 46,8 Millionen monatlich aktive Nutzer erreicht. Diese Größenordnung brachte der EU-Kommission die Einstufung als “Very Large Online Platform” (VLOP) unter dem Digital Services Act ein – mit strengeren Moderations- und Transparenzregeln.
Für etablierte Medien könnte diese Regulierung paradoxerweise von Vorteil sein: Sie schafft einen strukturierten Rahmen, der seriöse Nachrichtenquellen gegenüber fragwürdigeren Anbietern stärken könnte.
Vorreiterrolle mit Risiken
Während öffentlich-rechtliche Sender wie ZDFheute bereits seit Ende 2023 auf WhatsApp präsent sind, markiert die SZ als große Abo-Zeitung eine neue Entwicklungsphase. Die hyperlokale Ausrichtung könnte ein Erfolgsrezept sein – relevante Inhalte wirken weniger wie Spam und fördern das Engagement.
Doch Herausforderungen bleiben: Monetarisierung und Aufmerksamkeitskonkurrenz. Meta plant bereits Werbe- und Abo-Modelle für WhatsApp-Kanäle. Und je mehr Anbieter auf die Plattform drängen, desto härter wird der Kampf um die Gunst der Nutzer.
Wird die SZ zum Trendsetter für deutsche Verlage? Die ersten Zahlen sprechen eine deutliche Sprache.


