Verwaltungsdigitalisierung: Deutschlands Aufholjagd beginnt
24-Stunden-Unternehmen und einheitliche Autozulassung
Die deutsche Bürokratie wird digital – endlich. Nach Jahren des Stillstands hat die Bundesregierung eine Modernisierungsagenda mit 23 konkreten Projekten beschlossen, die das Leben von Bürgern und Unternehmen spürbar vereinfachen soll.
Das Versprechen klingt verlockend: Fahrzeugzulassung bundesweit online statt bei 400 verschiedenen Behörden. Unternehmensgründung in 24 Stunden statt wochenlangem Papierkram. Doch wird Deutschland diesmal wirklich den Sprung ins digitale Zeitalter schaffen?
Die Pläne sind ambitioniert. Herzstück der Reform: eine “Once-Only”-Plattform, die 6.000 verschiedene Verwaltungsprozesse vereinheitlichen soll. Statt mehrfach dieselben Daten bei verschiedenen Ämtern anzugeben, reicht künftig eine einzige Eingabe.
Besonders Unternehmer dürfen sich freuen. Die geplante 24-Stunden-Firmengründung könnte Deutschland im internationalen Wettbewerb deutlich voranbringen. Aktuell dauert eine Unternehmensgründung oft wochenlang – ein klarer Standortnachteil.
Die digitale Fahrzeugzulassung verspricht ebenfalls Erleichterung. Anstatt sich durch den Dschungel regionaler Zulassungsstellen zu kämpfen, soll ein einheitlicher bundesweiter Service entstehen. Eine längst überfällige Vereinfachung.
BundID als digitaler Schlüssel
Der Zugang zu allen neuen Diensten läuft über die BundID – Deutschlands Antwort auf eine einheitliche digitale Identität. Das System bietet ein integriertes Postfach für Behördenkommunikation und verspricht medienbruchfreien Datenaustausch.
Nach einem Nutzungseinbruch im Frühjahr 2025 steigen die Anmeldezahlen wieder. Doch viele Bürger bleiben skeptisch: Funktioniert das System wirklich zuverlässig? Und wie sicher sind die persönlichen Daten?
Die Sicherheitsarchitektur orientiert sich an der europäischen eIDAS-Verordnung und bietet je nach Anwendung verschiedene Sicherheitsstufen – von der einfachen Passwort-Anmeldung bis zur hochsicheren Identifizierung per Personalausweis.
Senioren nicht vergessen
Damit niemand abgehängt wird, baut Deutschland ein Netz von 300 lokalen Erfahrungsorten auf. Der “DigitalPakt Alter” soll bis Ende 2025 flächendeckend kostenlose Kurse für Senioren anbieten.
Die Initiative ist dringend nötig: Während junge Menschen intuitiv mit digitalen Diensten umgehen, stehen ältere Bürger oft vor unüberwindbaren Hürden. Ohne gezielte Unterstützung droht eine digitale Zweiklassengesellschaft.
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Standards schaffen Vertrauen
Um das Chaos unterschiedlicher Systeme zu beenden, führte Deutschland im März 2025 die DIN SPEC 66336 ein – einen Qualitätsstandard für Verwaltungsportale. Erstmals gibt es verbindliche Vorgaben für Nutzerfreundlichkeit und Barrierefreiheit.
Das “Einer für Alle”-Prinzip soll zusätzlich für Effizienz sorgen: Ein Bundesland entwickelt einen Dienst, alle anderen übernehmen ihn. Schluss mit teuren Insellösungen und Doppelentwicklungen.
Späte Einsicht nach Jahren des Versagens
Die aktuelle Offensive ist ein Eingeständnis des Scheiterns. Das Onlinezugangsgesetz von 2017 sollte bereits bis 2022 alle Verwaltungsleistungen digitalisieren. Die Realität: Endlose Verzögerungen und frustrierte Bürger.
Mit dem OZG 2.0 reagiert die Politik auf massive Kritik. Erstmals gibt es einen Rechtsanspruch auf digitale Verwaltungsleistungen und verbindliche Fristen. Bis 2028 sollen alle Unternehmensleistungen des Bundes ausschließlich elektronisch verfügbar sein.
Entscheidung in den nächsten Monaten
Der Erfolg hängt jetzt von der konkreten Umsetzung ab. Die Bundesregierung verspricht engmaschiges Monitoring der über 80 Einzelmaßnahmen. Doch Ankündigungen gab es bereits viele – geliefert wurde wenig.
Die entscheidende Frage bleibt: Entstehen nutzerfreundliche Dienste, die im Alltag wirklich funktionieren? Oder wird Deutschland erneut an der eigenen digitalen Bürokratie scheitern? Die kommenden Monate werden zeigen, ob diesmal der Durchbruch gelingt.


