Wien: Wohnbau-Modell trotzt europäischer Krise
Wien hält mit über 60 Prozent gefördertem Wohnraum die Mieten bei 10,50 Euro pro Quadratmeter und wird zum EU-Vorbild, trotz aktueller Baukrisen.
Wien zeigt, wie es geht: Während andere Metropolen unter explodierenden Mieten leiden, hält die österreichische Hauptstadt mit ihrem sozialen Wohnbau dagegen. Das System aus Gemeindebauten und geförderten Wohnungen wird jetzt sogar EU-Vorbild.
Mehr als 60 Prozent der Wiener leben in kommunalen oder geförderten Wohnungen. Das Ergebnis: Die durchschnittliche Miete liegt bei 10,50 Euro pro Quadratmeter – in Paris sind es 31,30 Euro, in London 33,80 Euro.
Das System: Wohnen als Grundrecht statt Spekulation
Das “Rote Wien” der 1920er Jahre legte den Grundstein für ein System, das Wohnen nicht als Spekulationsobjekt begreift. Heute profitiert davon die gesamte Stadt: Der hohe Anteil an gefördertem Wohnraum dämpft die Preise auf dem privaten Markt spürbar.
Die Vergabe funktioniert über strenge Kriterien. Bauträger kämpfen in Wettbewerben nicht nur um den besten Preis, sondern müssen auch bei Ökologie, sozialer Nachhaltigkeit und Architektur punkten. Zugang haben Personen bis zu bestimmten Einkommensgrenzen – für Singles liegt sie bei 59.320 Euro Jahresnetto.
Besonders clever: Zwei Drittel neu gewidmeter Flächen sind für den sozialen Wohnbau reserviert. Das bremst die Bodenspekulation effektiv aus.
Die Finanzierung: Ein umstrittener Millionen-Topf
Der Wohnbauförderbeitrag macht es möglich: Arbeitgeber und Arbeitnehmer zahlen je 0,5 Prozent in den Topf ein. Doch seit 2009 fehlt die strikte Zweckbindung – Kritiker bemängeln, dass in manchen Bundesländern hunderte Millionen Euro nicht in den Wohnbau fließen.
Wien investiert dagegen konsequent. Das Programm “Gemeindebau Neu” bringt bis 2025 rund 5.700 neue Wohnungen für etwa 13.000 Menschen. Weitere Projekte entstehen im Nordbahnviertel und im Stadtquartier “Oberes Hausfeld”.
Die Krise: Wenn auch Wien ins Stocken gerät
Selbst das robuste Wiener System kämpft mit den Folgen explodierender Baukosten. Experten warnen vor einem dramatischen Einbruch: Von 17.000 fertiggestellten Wohnungen 2023 könnten 2026 nur noch 7.900 entstehen.
Das Problem: Hohe Zinsen und strenge Kreditrichtlinien bremsen den privaten Wohnbau aus. Die wachsende Stadt braucht aber dringend neue Wohnungen.
Die Stadtregierung kontert mit einer Wohnbauoffensive: 22.000 geförderte Wohnungen sind in Bau oder Planung. Doch bis diese fertig sind, dauert es bis Ende des Jahrzehnts.
Europa schaut nach Wien
Das Wiener Modell wird international zum Vorbild. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und EIB-Präsidentin Nadia Calviño wollen es als Basis für eine europäische Plattform für erschwinglichen Wohnraum nutzen.
Die OECD empfiehlt es regelmäßig als Lösung für die Wohnkrise. Delegationen aus aller Welt pilgern nach Wien, um vom System zu lernen.
Der Grund ist offensichtlich: Während Berlin und München unter Mietexplosionen leiden, zeigt Wien, dass eine aktive Wohnungspolitik funktioniert.
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Die Zukunft: Innovation gegen die Krise
Wien steht vor einem Spagat: Die aktuelle Baukrise überwinden und gleichzeitig nachhaltig und leistbar bleiben. Die Lösungsansätze reichen von innovativen Bauverfahren bis zur möglichen Wiedereinführung der Zweckbindung des Wohnbauförderbeitrags.
Die Bundesregierung stellt eine Milliarde Euro für leistbaren Wohnraum bereit. Ob das reicht, wird sich zeigen. Klar ist: Das Wiener Modell bleibt ein Beweis dafür, dass Städte durch aktive Wohnungspolitik lebenswerter und krisenfester werden können.