Miersch kritisiert Rückzugsforderungen an Brosius-Gersdorf
SPD-Fraktionschef Matthias Miersch kritisiert nach dem Gespräch der Kandidatin für das Bundesverfassungsgericht, Frauke Brosius-Gersdorf, mit Vertretern der katholischen Kirche Rücktrittsforderungen an die Kandidatin aus der Union und erwartet, dass die Koalitionspartner sich ein Beispiel an den Kirchenleuten nehmen.
"Es verdient Respekt, dass hochrangige Vertreter der katholischen Kirche das direkte Gespräch mit Prof. Dr. Brosius-Gersdorf suchen und einräumen, falsch informiert gewesen zu sein. Das ist ein starkes und aufrichtiges Zeichen in Zeiten, in denen gezielte Falschinformationen und Kampagnen von rechts außen den Diskurs vergiften", sagte Miersch den Zeitungen der Mediengruppe Bayern. "Gerade deshalb wäre es ein Gebot der Fairness, wenn auch Vertreter der Union innehalten und das Gespräch mit der Kandidatin suchen würden, statt sich täglich reflexartig an Rücktrittsforderungen zu beteiligen. Nur so gelingt ein respektvoller und demokratischer Umgang mit der hochqualifizierten Kandidatin." Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) legte Brosius-Gersdorf einen Rücktritt nahe, um die "Polarisierung der Gesellschaft" nicht weiter zu "fördern".Bundeskanzler Friedrich Merz wollte in seiner Sommerpressekonferenz keine Aussage zum Gespräch der Kandidatin mit den Bischöfen tätigen. Ob es ein Gespräch mit der Unionsfraktion gebe, müsse die Fraktion entscheiden. Der Staatsrechtler Alexander Thiele warnt vor einem vorschnellen Verzicht von Frauke Brosius-Gersdorf auf ihre Nominierung für das Bundesverfassungsgericht. Der "Rheinischen Post" (Samstag) sagte Thiele: "Das Problem ist der Umgang mit ihr und nicht sie als Wissenschaftlerin. Ein schnelles Zurückziehen wäre hochgradig problematisch, auch für künftige Nominierungen." Aus seiner Sicht sei die Frage "nicht automatisch gelöst, wenn Brosius-Gersdorf hinschmeißt". Weiter sagte er: "Mir ist nicht so richtig klar, was für einen Kandidaten man dann haben will. Jemanden zu finden, der keinerlei politische Ansichten hat, wird nicht möglich sein." Thiele rät auch von einer Änderung des Wahlverfahrens für Verfassungsrichter ab. "Die Zweidrittelmehrheit ist der Erfolgsgarant für die ausgewogene Rechtsprechung des Gerichts." Damit widersprach Thiele Kulturstaatsminister Wolfram Weimer, der sich zuvor für einfache Mehrheiten ausgesprochen hatte. Thiele sagte, die Zweidrittelmehrheit führe dazu, dass "man genau diese schwierigen Prozesse durchleben muss, indem man sich mit der Opposition einigt". Weiter sagte er: "Die Bereitschaft zum Kompromiss muss größer werden, wenn die Ansichten pluraler werden." Die Union werde aus seiner Sicht ihr Verhältnis zur Linkspartei überdenken müssen. "CDU und CSU werden unabhängig von dieser Wahl mittel- bis langfristig über ihren Unvereinbarkeitsbeschluss mit der Linken nachdenken müssen - ob sie das wollen oder nicht. Denn man wird die Mehrheitsverhältnisse nicht so drehen können, dass Union und SPD ständig alleine entscheiden können", sagte er.